Länger leben durch leicht erniedrigte Schilddrüsenwerte?

Schilddrüsenwerte – Was ist noch normal, was nicht? Die Menschen, deren Werte am unteren Ende des Normbereiches liegen, wird es freuen: Forscher des Erasmus Medical Center in Rotterdam haben zusammen mit Kollegen aus Boston herausgefunden, dass ein Mensch damit deutlich länger lebt.

Die Rotterdam-Studie

Die Arbeitsgruppe von Professor Layal Chaker befasst sich mit der Auswertung der Rotterdam-Studie. Diese untersucht seit 1989 prospektiv die Risikofaktoren kardiovaskulärer, neurologischer, ophthalmologischer und endokriner Erkrankungen. Teilnehmer sind rund 15.000 Bewohner des Rotterdamer Stadtteils Ommoord, die über 45 Jahre alt sind. Die Mitarbeiter der Studienleitung untersuchen sie alle drei bis vier Jahre auf Leiden, die für ältere Menschen typisch sind: koronare Herzkrankheit, Herzinfarkt, Schlaganfall, Parkinson, Alzheimer, Diabetes und Osteoporose.

Warum ist ein Normbereich so wichtig?

Die Festlegung eines sinnvollen Normbereiches der Schilddrüsenwerte ist medizinisch bedeutsam. Sowohl Über- als auch Unterfunktionen führen zu massiven Veränderungen des Gesamtstoffwechsels. Denn als zentrales Steuerorgan reguliert die Schilddrüse Energiestoffwechsel, Entwicklungsvorgänge und die Funktion des Herz-Kreislauf-Systems. Aktuell definiert man 0,8 – 1,8 ng/dl freies T4 (Tetraiodthyronin) und 0,3 – 4,0 mU/l des übergeordneten Hypophysenhormons TSH (Thyrotropin) als normal. Erhöhte oder erniedrigte Werte sind Risikofaktoren für koronare Herzkrankheit, Herzinfarkt, Herzinsuffizienz und andere Erkrankungen. Daher entscheidet der Normbereich maßgeblich darüber, ob eine medizinische Behandlung stattfindet oder nicht.

Die Ergebnisse der aktuellen Untersuchungen

Die aktuelle Auswertung der Rotterdam-Studien erfasst knapp 8.000 Studienteilnehmer. Diese sind über 50 und weisen als normal definierte Schilddrüsenwerte auf. Offenbar gibt es innerhalb des Normbereiches signifikante Unterschiede in der Lebenserwartung, unabhängig von gleichzeitigen kardiovaskulären Beschwerden. Die durchschnittliche Lebenserwartung bei niedrig-normalen Werten war 3,5 Jahre länger ist als bei hoch-normalen. Selbst mit Herz-Kreislauf-Erkrankung ist sie immer noch 3,1 Jahre höher.

Das Fazit

Die Autoren der aktuellen Publikation in der renommierten Zeitschrift JAMA plädieren aufgrund ihrer Studienergebnisse für eine Anpassung der Normbereiche. Denn im Hinblick auf die Lebenserwartung sind eher niedrige Werte für die Patienten offenbar von Vorteil. Daher sollte von einer medizinischen Korrektur besser abgesehen werden.

Quelle:
Bano A, Dhana K, Chaker L, Kavousi M, Ikram MA, Mattace-Raso FUS, Peeters RP, Franco OH (2017): Association of Thyroid Function With Life Expectancy With and Without Cardiovascular Disease: The Rotterdam Study. JAMA Intern Med. [Online publiziert vor Drucklegung]