Schilddrüsenunterfunktion, Thyroxin und Jod

1. Welche Rolle spielt Jod bei Schilddrüsenunterfunktion?
2. Schilddrüsenunterfunktion: Deutschland als Jodmangelgebiet
3. Jodmangeltest

Welche Rolle spielt Jod bei Schilddrüsenunterfunktion?

Bei der Schilddrüsenunterfunktion spielt die Nahrung eine nicht unwesentliche Rolle, denn die Herstellung der fehlenden Schilddrüsenhormone benötigt Jod. Dementsprechend war Jod das einzige Mittel zur Behandlung einiger Schilddrüsenfehlfunktionen, bevor man L-Thyroxin in industriellem Maßstab herstellen konnte. Allerdings hilft Jod einzig und allein dann, wenn Jodmangel die Ursache der Schilddrüsenunterfunktion ist. Daher sollten Sie niemals auf die Idee verfallen, ohne Rücksprache mit Ihrem Arzt Ihre Medikation mit Levothyroxin abzusetzen und stattdessen Jod einzunehmen.

Der menschliche Körper benötigt relativ hohe Mengen Jod. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) gibt für Jugendliche und Erwachsene bis zum 50. Lebensjahr einen Tagesbedarf von 200 Mikrogramm, ab dem fünften Lebensjahrzehnt von 180 Mikrogramm an. Schwangeren wird eine Zufuhr von 230 Mikrogramm, stillenden Müttern sogar von 260 Mikrogramm empfohlen.

Etwa die Hälfte davon verwendet der Organismus für den Einbau in die Schilddrüsenhormone. Diese Synthese findet an einem Eiweiß in den Follikeln der Schilddrüse statt, dem Thyreoglobulin, das man zeitweise bei der Ermittlung der Schilddrüsenwerte mit bestimmt. Dort hängt das Enzym Thyreoperoxidase Jodatome an die Aminosäure Tyrosin an und setzt die jodierten Aminosäurereste als Trijodthyronin T3 und Tetrajodthyronin oder Thyroxin T4 frei. Fertiges Thyroxin besteht zu rund zwei Dritteln aus Jod.

Schilddrüsenunterfunktion: Deutschland als Jodmangelgebiet

Deutschland wird von der WHO bis heute als Jodmangelgebiet eingestuft. Gerade in den isoliert liegenden Alpentälern war früher der Kropf als Jodmangelerscheinung bei der einheimischen Bevölkerung weit verbreitet. Daher führte man 1989 die Jodierung von Speisesalz ein.

Ob man Deutschland heute immer noch guten Gewissens als Jodmangelgebiet einstufen sollte, erscheint zusehends fraglich. Mittlerweile ist es fast unmöglich geworden, Salz ohne Jod oder Nahrungsmittel ohne Jodsalz zu bekommen. Selbst das Tierfutter wird jodiert. Darunter leiden vor allem Menschen mit Schilddrüsenüberfunktion. Eine Hashimoto-Thyreoiditis verschlimmert sich unter hoher Jodzufuhr deutlich schneller als ohne. Diese Patienten leiden unter der Zwangsjodierung, was die steigende Zahl an klinisch manifesten Erkrankungen widerspiegelt.

Dagegen profitieren Menschen mit einer Schilddrüsenunterfunktion in Form eines Kropfes (Struma) eindeutig von dem höheren Jodangebot. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) geht davon aus, dass eine tägliche Aufnahme von bis zu 500 Mikrogramm Jod gesundheitlich unbedenklich sein sollte und empfiehlt daher die Jodierung beizubehalten. Näheres zur Jodzufuhr finden Sie hier.

Jodmangeltest

In jedem Falle sollten Sie die Einnahme von Jodtabletten mit Ihrem Arzt abstimmen, wenn Sie damit eine Schilddrüsenunterfunktion behandeln möchten. Gegebenenfalls kann der Arzt einen Jodsättigungstest veranlassen.

Dazu müssen Sie eine Flüssigkeit mit Jod und Jodid trinken, meist Lugolsche Lösung mit Jod und Kaliumjodid im Verhältnis 1 : 2. Diese Substanz kennen Sie vielleicht noch aus dem Chemieunterricht als Indikator, der sich bei Kontakt mit Stärke blau verfärbt.

Danach sammeln Sie über 24 Stunden Ihren Urin (Sammelurin) und bringen den zu Ihrem Arzt. Ein Labor untersucht den Jodgehalt und rechnet das auf die getrunkene Jodmenge zurück. Bei Jodmangel freut sich die Schilddrüse über das plötzliche Überangebot und fischt so viel wie möglich davon aus dem Blut. Dann werden weniger als 90 % des Jods wieder ausgeschieden. Ist die Jodversorgung normal, ist das Interesse weniger groß. Dann gehen über 90 % mit dem Urin ab.

Wichtig zu beachten ist, dass diese Jodsättigungstest bei Hashimoto-Thyreoiditis, Morbus Basedow oder einer eingeschränkten Nierenfunktion kontraindiziert ist.

Literatur und Quellen

  • Frank Grünwald, Karl-Michael Derwahl: Diagnostik und Therapie von Schilddrüsenerkrankungen: Ein Leitfaden für Klinik und Praxis. Auflage. Köln 2016: Lehmanns-Verlag. ISBN-10: 3865417655.
  • Gerd Herold: Innere Medizin. Köln 2016: G. Herold-Verlag. ISBN-10: 3981466063.
  • Wolfgang Piper: Innere Medizin. Auflage. Stuttgart 2012: Springer-Verlag. ISBN-10: 3642331076.