„Schilddrüsenwerte“ nennt man die im Blutserum messbaren Konzentrationen von Hormonen aus dem Regelkreis der Schilddrüse. Das sind Hormone aus Hypothalamus, Hypophyse und der Schilddrüse selbst: Trijodthyronin, Thyroxin und Thyreotropin, gegebenenfalls auch Thyreoliberin und Thyreoglobulin. Die Bestimmung der Schilddrüsenwerte hilft bei der Diagnose von Schilddrüsenfehlfunktionen oder Krankheiten wie Morbus Basedow und Hashimoto-Thyreoiditis.
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Der Regelkreis der Schilddrüsenhormone
Trijodthyronin (T3) und seine Vorstufe Thyroxin (Tetrajodthyronin, T4) sind die beiden wichtigsten Hormone, die die Schilddrüse selbst produziert. Die Synthese findet in den Schilddrüsenfollikeln am Thyreoglobulin (TG) statt, einem Eiweiß, das den Hauptanteil des Kolloids der Schilddrüse ausmacht. Dort hängen Enzyme Jod an die Aminosäure Tyrosin und spalten die umgewandelten Aminosäurereste ab.
Täglich setzt die Schilddrüse rund 100 µg T4 frei, zehnmal mehr als T3. In der Peripherie wandeln Deiodinasen die Vorstufe T4 in das wirksamere T3 um. Dazu entfernen sie eines der vier Jodmoleküle.
T3- und T4-Synthese werden durch das übergeordnete Thyreoidea-stimulierende Hormon (TSH, Thyreotropin) des Hypophysenvorderlappens gesteuert. Dessen Ausschüttung wiederum reguliert das Thyreotropin Releasing Hormone (TRH, Thyreoliberin) aus dem Hypothalamus des Gehirns. Umgekehrt beeinflussen auch die Konzentrationen von T3 und T4 im Blut die Ausschüttung von TSH und TRH. Das Ergebnis ist ein fein austariertes Verhältnis der verschiedenen Hormone zueinander, welches die Versorgung mit Schilddrüsenhormonen an den jeweils herrschenden Bedarf anpasst.
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Die Schilddrüsenhormone in der Labordiagnostik
Im Labor bestimmt man in der Regel die Konzentrationen von T3, T4 und TSH im Blut. T3 und T4 sind überwiegend an Transportproteine gebunden. Weniger als ein Prozent liegen ungebunden als freies T3 fT3 oder freies T4 fT4 vor. Nur diese freien Hormone sind stoffwechselaktiv.
Zur Ermittlung der Schilddrüsenwerte verwendet man einen Milliliter Blut, das der Arzt aus der Armvene entnimmt. Im Labor wird dieses abzentrifugiert, sodass die Blutkörperchen sedimentieren. Für die Bestimmung benötigt man das darüber befindliche Blutserum, daher auch der Zusatz i.S. (im Serum).
Wissenswertes zur Bestimmung der Schilddrüsenwerte
Bestimmung des T3-Wertes. Findet eine Therapie mit Schilddrüsenhormonen statt, sollte die Blutentnahme 24 h nach der letzten Einnahme des entsprechenden Medikamentes erfolgen. Bei der Bestimmung von T3 ist das freie T3 zu untersuchen, da nur dieses hormonell wirksam ist. Wie viel vom Gesamt-T3 in freier oder in gebundener Form vorliegt, ist nicht vorhersagbar.
Bestimmung des T4-Wertes. Wird der Patient mit L-Thyroxin in Tablettenform behandelt, sind Werte bis 3,0 ng fT4/dl noch als normal anzusehen.
Die Normbereiche der Schilddrüsenwerte
Normbereiche oder Referenzbereiche nennt man die Spanne, innerhalb derer man einen Wert als normal definiert. Die Normbereiche der Schilddrüsenwerte sind in der nachfolgenden Tabelle dargestellt. Die Serumkonzentrationen gibt man als Masse pro Volumen oder Stoffmenge pro Volumen an.
Abkürzung | vollständige Bezeichnung | Normbereich | Normbereich |
---|---|---|---|
fT3 i.S. | freies Trijodthyronin im Serum | 3,0-6,0 ng/l | 4,6-9,2 pmol/l |
T3 i.S. | Gesamt-Trijodthyronin im Serum | 0,8-2,0 µg/l | 2-3 nmol/l |
fT4 i.S. | freies Thyroxin im Serum | 0,8-2,0 ng/dl | 10,3-25,7 pmol/l |
T4 i.S. | Gesamt-Thyroxin im Serum | 4,5-10,5 µg/dl | 57,9-135,1 nmol/l |
TSH basal i.S. | Thyreoidea-stimulierendes Hormon (Thyreotropin) im Serum | 0,3-3,5 mU/l | 0,3-3,5 mU/l |
Erklärung: Bei T3 und T4 gibt man die Referenzbereiche als Konzentrationen an, entweder in Teilen von Gramm pro Liter oder Mol pro Liter. Bei TSH sind Angaben in Einheiten (Units, U) pro Liter üblich.
Die Angaben bedeuten
d = dezi = 1/10
m = milli = 1/1.000
µ = mikro = 1/1.000.000
n = nano = 1/1.000.000.000
p = piko = 1/1.000.000.000.000
Gramm ist eine Masse, Mol eine Stoffmenge. Letztere gibt an, wie viele Teilchen sich in etwas befinden, ähnlich wie „ein Dutzend“ gleich zwölf Stück. Nur entspricht ein Mol 6,022 x 1023 Teilchen. U bedeutet Units oder Einheiten und ist ein Maß für die Aktivität einer Substanz.
Was sagen die Schilddrüsenwerte aus?
- T3 und T4 gegenüber dem Normbereich erniedrigt: Dann liegt eine Schilddrüsenunterfunktion vor.
- T3 und T4 gegenüber dem Normbereich erhöht: Hier handelt es sich um eine Schilddrüsenüberfunktion.
Der TSH-Wert verrät nun, wo im Regulationskreislauf der Fehler liegt:
- TSH-Wert im Normbereich; T3, T4 erniedrigt oder erhöht: Das ist bei einer primären Schilddrüsenfehlfunktion der Fall. Die Hypophyse produziert normale Mengen des stimulierenden Hormons, aber die Schilddrüse reagiert darauf nicht mit der entsprechenden Produktion von T3 und T4.TSH normal; T3, T4 erniedrigt: primäre Schilddrüsenunterfunktion (primäre Hypothyreose).
- TSH normal; T3, T4 erhöht: primäre Schilddrüsenüberfunktion (primäre Hyperthyreose).
- TSH, T3 und T4 erniedrigt oder erhöht: Diese Verhältnisse sprechen für eine sekundäre Schilddrüsenfehlfunktion. Das heißt, ursächlich für die veränderte Hormonproduktion ist nicht die Schilddrüse selbst, sondern der übergeordnete Regelkreis. Sie produziert falsche Hormonmengen, weil die Instanz darüber ihr den Bedarf falsch mitteilt.
- TSH-Wert über 3,5 mU/l bei erhöhtem T3 und T4: sekundäre Schilddrüsenüberfunktion (sekundäre Hyperthyreose)
- TSH-Werte unter 0,1 mU/l bei erniedrigtem T3 und T4: sekundäre Schilddrüsenunterfunktion (sekundäre Hypothyreose).
- TSH zwischen 0,1 und 3,5 mU/l: In diesem Graubereich kann bereits eine Schilddrüsenüberfunktion vorliegen. Nähere Auskunft gibt der TSH-Stimulationstest mit TRH. Dazu provoziert der Arzt die TSH-Ausschüttung mit dem übergeordneten Hormon des Hypothalamus, dem TRH (Thyreotropin Releasing Hormone, Thyreoliberin).
Dazu bestimmt der Arzt zunächst TSH und fT4.
Dann erhält der Patient eine kleine Menge TRH intravenös.
Eine halbe Stunde später untersucht der Arzt TSH und fT4 erneut. In dieser Zeit sollte das TRH die Hypophyse zu vermehrter Ausschüttung von TSH veranlasst haben. TSH wiederum müsste in der Schilddrüse fT4 ins Blut freigesetzt haben. Ist das nicht der Fall, bedeutet das, dass die der Schilddrüse übergeordnete Regulation nicht funktioniert.
Thyreoglobulin-Antikörper (TAK)
Die Antikörper gegen Thyreoglobulin bestimmt man, wenn der Körper im Rahmen einer Autoimmunerkrankung Autoantikörper gegen Thyreoglobulin bildet. Das ist bei der Hashimoto-Thyreoiditis, Morbus Basedow, Schilddrüsenkarzinomen und einer atrophischen Autoimmunthyreoiditis der Fall.
Der Normbereich von TAK liegt unter 100 U/ml. Werte im Graubereich unter 200 U/ml müssen noch nicht zwangsläufig auf eine solche Autoimmunerkrankung hinweisen.
Thyreoglobulin (TG)
Thyreoglobulin bildet den Hauptanteil des Kolloids der Schilddrüse und stellt eine Speicherform der Hormone T3 und T4 dar. Im Blut sind davon normalerweise nur geringe Mengen zu finden. Bis zu 35 µg/l sind unverdächtig. Gelangt mehr davon ins Blut, kann Schilddrüsenkrebs die Ursache sein. Daher verwendet die Labordiagnostik TG als Tumormarker bei follikulären und papillären Schilddrüsenkarzinomen.
Nicht immer ist ein bösartiger Tumor Ursache für erhöhte Thyreoglobulin-Werte. Diese treten auch bei der gutartigen Schilddrüsenvergrößerung (euthyreote Struma, Kropf), Morbus Basedow und autonomen Schilddrüsenadenomen auf.
Bei bösartigen Tumoren entfernt man in der Regel die Schilddrüse vollständig (Thyreoidektomie). Danach sollte kein Thyreoglobulin mehr im Blut nachweisbar sein. Daher misst man TG zur Verlaufskontrolle nach Thyreoidektomie.
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Literatur
- Birgid Neumeister, Ingo Besenthal, Hartmut Liebich, Bernhard Otto Böhm (Hrsg.): Klinikleitfaden Labordiagnostik. 3. Auflage. München/Jena: Elsevier/Urban & Fischer Verlag 2003.
- Maria Lohmann: Laborwerte verstehen. 4. Auflage. Murnau: Mankau-Verlag 2016.
- Christine Schottdorf-Timm, Volker Maier: Laborwerte. München: Gräfe & Unzer-Verlag 2015.
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