Arten der Schilddrüsenunterfunktion und deren Symptome

Die Schilddrüse beeinflusst alle Körperfunktionen. Dementsprechend wirken sich Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) und Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) auf alle Organsysteme aus. Wie sich eine Schilddrüsenunterfunktion äußert hängt von mehreren Faktoren ab:

  • Was ist die Ursache?
  • In welchem Lebensalter tritt die Erkrankung auf?
  • Wie schwer ist die Unterfunktion?
  • Wie lange besteht die Unterversorgung?

Die Ausprägung reicht vom symptomlosen Laborbefund ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen bis zum lebensbedrohenden hypothyreoten Koma. In fast allen Fällen treten Müdigkeit, Gewichtszunahme und eine Verminderung von Herzschlagfrequenz und Reflexen auf. An Extremitäten, um die Augen oder in der Zunge bilden sich Ödeme. Zu den langfristigen Folgen gehören Arterienverkalkung und Herzmuskelschwäche bis hin zur Herzinsuffizienz. Hinzu kommen psychische Probleme wie depressive Verstimmungen, Konzentrationsstörungen und Wahnvorstellungen.

Primäre Schilddrüsenunterfunktion

Die primäre Schilddrüsenunterfunktion heißt so, weil ihre Ursache in der Schilddrüse selbst liegt. Daher spricht man auch von einer „echten“ oder thyreogenen (= in der Schilddrüse entstandenen) Hypothyreose. Durch Mangel an funktionsfähigem Gewebe oder Defekte in der Hormonsynthese bildet die Schilddrüse zu wenig Hormone. Das Thyroidea-stimulierende Hormon (TSH) der Hypophyse, das die Schilddrüse steuert, ist dabei in ausreichender Menge oder sogar in Überschuss vorhanden.

Konnatale Schilddrüsenunterfunktion (angeboren)

Eine primäre Schilddrüsenunterfunktion kann genetisch bedingt schon beim ungeborenen Kind auftreten. Die Schilddrüsenhormone spielen in der fötalen und frühkindlichen Entwicklung eine besondere Rolle. Daher wirkt sich eine Unterversorgung beim Embryo und in den ersten Lebensjahren besonders stark aus.

Endemischer Kretinismus

Fehlt der schwangeren Mutter Jod, hat das irreversible Schäden in der körperlichen und geistigen Entwicklung des Fetus zur Folge. Das ist auch der Fall, wenn die Schilddrüse des Kindes normal entwickelt ist. Schlimmstenfalls kommt es zum endemischen Kretinismus mit geistigen Defiziten und körperlichen Fehlbildungen. Dazu gehören unproportionierter Minderwuchs, kurze Finger, rundliches Gesicht mit deformierter Nase und Schwerhörigkeit. Früher war der endemische Kretinismus typisch für jodarme Alpenregionen.

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Angeborene Entwicklungsstörungen

Bei einem angeborenen genetischen Defekt der Schilddrüsenfunktion entwickelt sich der Embryo zunächst normal, da er von den mütterlichen Hormonen mitversorgt wird. Erst ein bis drei Monate nach der Geburt zeigen sich Auswirkungen der Schilddrüsenunterfunktion in Form von Apathie, Müdigkeit, Verstopfungen und verlängerter Neugeborenen-Gelbsucht.

Erworbene primäre Schilddrüsenunterfunktion

Die erworbene primäre Schilddrüsenunterfunktion ist die häufigste Form der Hypothyreose. Es gibt drei Hauptursachen:

  • Jodmangel in der Nahrung führt zur Vermehrung des Schilddrüsengewebes, um das wenige Jod aus der Blutbahn zu fischen. Eine solche Vergrößerung bezeichnet man als Kropf.
  • Bei der Autoimmunerkrankung Hashimoto-Thyreoditis greift die körpereigene Immunabwehr die Schilddrüse an, die sich entzündet und abgebaut wird.
  • Medizinische Maßnahmen. Dazu gehören die operative Entfernung von Schilddrüsengewebe, Radiojodtherapie und Bestrahlung. Auch bestimmte Medikamente verursachen eine Schilddrüsenunterfunktion, wie Amiodaron gegen Herzrhythmusstörungen.

Erworbene primäre Schilddrüsenunterfunktion: Folgen und Symptome

Eine erworbene primäre Schilddrüsenunterfunktion hat unabhängig von der Ursache immer vergleichbare Folgen und Symptome. Ähnliches gilt für die sekundäre und tertiäre Form. Alle äußern sich in Krankheitszeichen in sämtlichen Organsystemen.

Allgemeine Symptome der Schilddrüsenunterfunktion

  • Apathie
  • Müdigkeit
  • Antriebsverlust
  • Interessenlosigkeit
  • Psychosen und Depressionen
  • Kältegefühl

Symptome der Schilddrüsenunterfunktion im Stoffwechsel

  • verringerter Grundumsatz
  • verringerter Aufbau und Abbau von Lipiden, dadurch
  • erhöhter Cholesterinspiegel (Hypercholesterinämie, LDL-Erhöhung)

Symptome der Schilddrüsenunterfunktion bei Herz und Kreislauf

  • verlangsamter Herzschlag (Bradykardie) und Puls
  • geringer Blutdruck (Hypotonie)
  • bei schwerem Verlauf Herzinsuffizienz, Herzvergrößerung und Perikarderguss

Symptome der Schilddrüsenunterfunktion im Gesicht und auf der Haut

  • aufgedunsenes Gesicht
  • blasse, oft gelbliche Hautfarbe
  • kalte, trockene und schuppige Haut
  • in schweren Fällen Myxödem mit Einlagerungen von Mukopolysacchariden im Gesicht, an Händen und Füßen

Symptome der Schilddrüsenunterfunktion im Magen-Darm-Trakt

  • verringerte Darmtätigkeit
  • Verstopfungen
  • im Extremfall Darmverschluss

Symptome der Schilddrüsenunterfunktion im Bewegungsapparat

  • Muskelschwäche
  • verzögertes Längenwachstum der Knochen (in der Entwicklung)
  • steife und entzündete Gelenke

Symptome der Schilddrüsenunterfunktion in Nervensystem und Psyche

  • verlangsamte Sprache und Mimik
  • verringerte Konzentrationsfähigkeit
  • nachlassendes Gedächtnis
  • verminderte Libido
  • Depressionen
  • Schwerhörigkeit
  • Kopfschmerzen
  • Karpaltunnelsyndrom

Symptome der Schilddrüsenunterfunktion im blutbildenden System

  • Eisenmangel
  • Blutarmut (Anämie)

Sekundäre SchilddrüsenunterfunktionRegelkreis-Thyroidea

Bei den sekundären Schilddrüsenunterfunktionen liegt die Störung nicht in der Schilddrüse, sondern in Hypophyse oder Hypothalamus. Dadurch ist der Hormonspiegel des TSH reduziert, sodass die Schilddrüse nur unzureichend stimuliert wird. Da die Schilddrüse sowohl bei der primären wie auch der sekundären Hypothyreose nicht genug Hormone liefert, treten bei beiden ähnliche Folgen auf. Jedoch sind die Symptome bei der sekundären Form nicht so ausgeprägt wie bei der primären.

Tertiäre Schilddrüsenunterfunktion

Diese Form der Schilddrüsenunterfunktion ist sehr selten. Meistens handelt es sich um eine Resistenz der Hormonrezeptoren auf der Zelloberfläche, die die Signale der Schilddrüsenhormone nicht weiterleiten. Eine andere Ursache sind Schädigungen im hormonellen Steuerzentrum des Hypothalamus, die die TSH-Produktion der Hypophyse herabsetzen, etwa bei Hirntumoren.

Hypothyreotes Koma (Myxödemkoma)

Das hypothyreote Koma ist das Endstadium einer primären oder sekundären Schilddrüsenunterfunktion. Es tritt heutzutage nur noch selten auf. Ausgelöst wird es durch Stress, Operationen, Infektionen, Alkohol, Herzinfarkt oder Medikamente wie Opiate und Sedativa.

Das Koma äußert sich in 

  • Unterschreitung der Körpertemperatur (Hypothermie; bis 32°C)
  • herabgesetzter Atemfrequenz (Hypoventilation) und Sauerstoff-Unterversorgung
  • Abnahme des Blutvolumens durch Ödembildungen, dadurch
  • Blutdruckabfall (Hypotonie)
  • verlangsamtem Herzschlag (Bradykardie)
  • Myxödemen (Ödembildungen im Gesicht und an den Extremitäten)
  • Hirnödemem
  • Lethargie, schlimmstenfalls Koma

Quelle
Wolfgang Piper: Innere Medizin. 2. Auflage. Springer Lehrbuch. Berlin/Heidelberg: Springer-Verlag 2013. ISBN (Hardcover): 978-3-642-33107-7.